Freitag, 14. Februar 2020
Der letzte Eintrag vom 26. November. Doch so lange nichts geschrieben. Bis Weihnachten ist mir ja alles zu viel. Dieses Jahr war es mir sogar egal, was es zu essen gibt.

An meinem Geburtstags ging ich zu einem Workshop. Ich sollte in die Fortgeschrittenen-Gruppe, weil die für Anfänger so voll war. Naja, O.K., sage ich. Die Fortgeschrittenen-Gruppe. Lauter junge, fitte Frauen. Sehr schnelles Floor-Work. W. schickt ein Video davon in die Gruppe und auf den Instagram-Account ihrer Schule. Neben mir eine junge, ziemlich gute Tänzerin. Ich mache mich gar nicht schlecht, denke ich, so im direkten Vergleich. Ich bin mehr als zufrieden und merke, wie der Druck, den ich mir selbst immer mache, nachlässt. L. sieht das Video von mir und fragt mich, wann ich wieder in ihren Unterricht komme. Ich brauche Pause. Ich brauche Zeit. Ich brauche Zeit zum Nachdenken und für andere Sachen.

Zu C.s Geburtstag lade ich mich selbst ein. Seine Ex-Frau, die jetzige Freundin und ich sitzen bis in die feuchtfröhliche Nacht.

Über Weihnachten komme ich endlich zum Lesen. So richtig. In einem Zug. Das Schwesterherz schenkt mir Hamburg-Krimis, die auf dem Kiez spielen. Ich vergesse die Zeit und verbringe sie mit Lesen. Silvester ist das Haus voll und T. wirft drei Kniffel in einem Spiel. Wir unterhalten uns über Musik und Kunst und draußen stoße ich mit den Nachbarn an.

Ich habe mir eine Kamera zum Geburtstag geschenkt und jetzt kann ich wieder ordentlich fotografieren.

Anfang Januar meldet sich A., den ich Sommer nach acht Jahren Pause wieder treffe. Ich sage spontan zu und wir treffen uns bei ihm. Er hat Rotwein und arbeitet gerade an einem Album. Ich will es hören. Ich bin der erste, dem er es vorspielt. Die Maus zittert sekundenlang über dem Play-Button. “Jetzt spiel’s schon ab!” Ich verstehe ihn, durch und durch, habe ich damals schon, als ich das Artwork für seine Band gemacht habe. Endlich ist er frei und kann am Computer machen, was er will. Wir reden lange, alles sprudelt nur so raus. Ich werde wieder das Artwork machen. Ich freue mich sehr, dass er wieder hier wohnt und seinen Interessen nachgeht.

Nach einem halben Jahr sage ich L. wieder zu, an einem Tanz-Workshop von ihr teilzunehmen. Sie ist wie immer, unverändert, freut sich wie Bolle. Die Gruppe ist toll und unglaublich nett. Ich werde wieder ab und zu zu ihr gehen.

Ja, stimmt, sage ich, ich verliebe mich ständig, aber anders. Die große Leidenschaft finde ich beim Tanzen, oder in der Musik oder in der Kunst. Ich verliebe mich in Bewegungen, in einer Art, sich zu bewegen, zu lachen. Ich nehme es als vollkommen okayes Anhimmeln. Mehr nicht. Dazwischen sind Dimensionen, ich lebe auf einem anderen Planeten. Wir treffen uns mit viel Humor in der Schwerelosigkeit und gehen dann wieder getrennt zurück auf unsere Planeten, wo die Schwerkraft uns am Boden hält.

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Dienstag, 26. November 2019
"Heute geht's um Gefühle, jetzt tanzt das Ganze mal sexy!"
"Sexy ist kein Gefühl."
"Dann tanz es halt geil."
"Geil?!"
"Nuttig?"
"Das sind alles Adjektive .."
"..."

Interessanter Einwand, fand ich. Tasächlich, wir teilen Gefühle, aber tanzen Adjektive. Sexy ist für mich ohne Frage ein Gefühl. Viele Adjektive fühle ich tatsächlich. Ich denke mal drüber nach. Beizeiten. Wenn ich Lust und Zeit habe.

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Freitag, 15. November 2019
Ich gehe jetzt regelmäßig zum Frisör. Vor 15 Jahren fing ich an, mir die Haare selbst zu schneiden. Nach dem Motto: Hold my beer ... Dementsprechend sah es dann auch manchmal aus. In der Regel lief es aber ganz gut.

Wenn ich zwischendrin beim Frisör war, dachte ich manchmal: Na, das kann ich auch ...

Jetzt habe ich aber einen Frisör, zu dem ich regelmäßig gehe. Er ist ziemlich nett.

Der Grund, weshalb ich nicht so gerne zu Frisör gehe, ist ganz einfach: Im gleißenden Neonlicht mit diesem Umhang sehe ich noch älter und noch gräßlicher aus und wenn die Frisur dann fetig ist, gehe ich draußen schnell um die Ecke, um mir das Hingeföhnte wieder rauszuwuscheln.

Während der Schneidevorgangs scheitelt er mir das Haar und ich stelle mir vor, ich sei der kleine, missratene Halbbruder von Cary Grant. Ich blicke in den Spiegel und versuche, einen verschmitzt-eleganten Blick aufzusetzen.

Ich bin immer gewillt, den Fisör zu duzen, aber er siezt mich und zwar ständig mit meinem Nachnamen. Ja, Herr Ypsilon, kurz genug, Herr Ypsilon? Gut so, Herr Ypsilon? Und damit fühle ich mich so richtig alt.

Ich gehe danach direkt zum Tanzen. P. bastelt die nächste Choreographie zusammen, ich habe die letzte Stunde verpasst, in der er zwei neue Sequenzen eingeführt hat. Ich haspel mich irgendwie durch, mir schwirrt der Kopf. Die Figuren selbst machen mir keine Probleme, aber der Ablauf.

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Es wird Zeit, mich mal wieder mit Freunden zu treffen.

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Montag, 11. November 2019
Gestern war ich auf einem zweieinhalbstündigen Yogaworkshop.

Ich fange wieder an zu meditieren, Yoga funktioniert sehr gut, in den Dehn- und Aufwärmphasen machen wir Ähnliches. Das Ganze als Vorbereitung zum Meditieren zu sehen, finde ich ziemlich grandios. Dieses geistige, oder geradzu sprituelle Ziel hat mir gefehlt. Die Auswirkungen des Workshops sind enorm. Ich habe geschlafen wie ein Baby und heute morgen so ausgeruht aufgewacht wie noch nie.

Ich meditiere seit meiner Jugend, phasenweise, einfach nur, um den stream of consciousness runterzufahren.

Samstag Abend traf ich eine alte Bekannte, die mich fragte, ob ich noch tanze. Klar, sage ich. Süß, sagt sie. Das sagt sie jedesmal, und jedesmal gucke ich irritiert. Ja, sagt sie, ich weiß, das du nicht magst, wenn ich das sage. Naja, sage ich, ich finde das total abwertend und nicht angemessen. Wenn du sagen würdest: schön, beeindruckend, sexy, das würde passen. Wenn ich Kampfsport machen würde, Marathon laufen, wäre das auch süß? Jajaja, beschwichtigt sie, ich weiß ja, wieviel Arbeit da drin steckt und ich finde es beeindruckend, ich kann es nur nicht so ausdrücken, wie du. Bullshit, denke ich, das ist einfach bloß verklemmt. Wenn jemand sagt: Kann ich nichts mit anfangen, dann finde ich das O.K., aber das, was einen fasziniert, kann man doch in Worte fassen.

Und ich habe leider eine Stalkerin. Was zur Hölle ist mit den Menschen loß? Frauen genaugenommen, denen ich mich geöffnet habe? Denen ich einfach bloß von mir erzählt habe.

Zusammengefasst kann ich nur sagen: Man ist als Mann wohl gut darin beraten, Frauen etwas vorzumachen, weil sie mit ganz normaler Normalität nix anfangen können. Allerdings höre ich immer wieder: Naja, du bist ja auch kein normaler Mann. Das ist absurd. Ich bin sowas von normal, stinknormal, total langweilig, stinklangweilig und stinknaormal. Wenns regnet, werde ich nass, ich gehe jeden Tag auf's Klo, trinke Kaffe und trage gerne Jeans und T-Shirt.

[Nachtrag: Das ist viel zu verkürzt, dass man jemandem etwas vormachen muss. Eher gilt es, eine gewisse Souveränität und Vorsicht walten zu lassen. Meine Regeln kenne ich, trotzdem gelten sie nicht nur für mich persönlich, denn sie sind das Ergebnis meiner sozialen Erfahrung und persönlichen Überzeugung. Zum Beispiel diese: Wenn Dir jemand zu verstehen gibt (egal, in welcher Form), dass er etwas nicht möchte, was im Rahmen seiner persönlichen Freiheit liegt, entschuldige dich und lass es bleiben. Das ist doch nicht zu viel erwartet.]

Auf der Plattenbörse unterhalte ich mich mit einem Mann in meinem Alter, der einen Stapel Punk-Platten gekauft hat. Sein Haar ist grau, seine Zähne sind nicht die besten. Alles, was er erzählt, verzweifelt manchmal, manchmal leidenschaftlich, ist absolut plausibel und normal. Ich stimme ihm in vielem zu und denke, dass ich mich lange nicht so gut und normal unterhalten habe. Die im Norden, sagt er, sind viel gastfreundlicher und netter als hier unten. Ich stimme ihm zu und wenn es nicht Samstag morgen gewesen wäre, hätte ich eine Flasche Schnaps auf den Tisch gestellt. Ich mag die Plattenbörse sehr. Ich bin genau so schrullig wie die. Bloß, dass mein Musikgeschmack anders ist. Ich habe eine unversehrte Bossanova von Pixies gekauft, unzerkratzte B 52's, Style Council und Treasure von Cocteau Twins, mein Lieblingsalbum seit 1985.

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Donnerstag, 31. Oktober 2019
Was mir im Herzen so weh tut, ist die Tatsache, dass ich bei It's alright mit den Menschen um mich herum über Ambuguitätstoleranz reden könnte, aber nicht, wie toll One Hundred Lyrics von Neil Tennant ist.
Was ist erwachsen werden? Tanzen? Oder politisch werden?
Man kann nur lieben, wenn man sich selbst liebt? Dann kann man auch nur andere verstehen, wenn man sich selbst versteht.
Und, ganz ehrlich, wie menschlich ist das Politische?
Kein Wunder, dass viele den Rückzug ins Private mit Haltung nach außen leben. Vegan werden, Auto abschaffen, nicht mehr fliegen, Regenbogenfahne hissen.
Eine alte Freundin von mir hätte jetzt den Mundwinkel verzogen, mir mit dem Platikbecher mit Rotwein gefüllt. zugeprostet und gesagt: Ich glaube, Du brauchst mal wieder Sex.
Diese Frau wird jetzt übrigens Oma.

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Mittwoch, 30. Oktober 2019
Ich versuche gerade in Worte zu packen, was mich umtreibt, aber es ist wirklich schwer.

Es geht mal wieder um das Tanzen.

Ich unterhalte mich mit der Tanzlehrerin über die neue Schülerin. Sie ist jung, jünger als wir dachten. Und, denke ich bei mir, sie ist Tänzerin, das ist ihr nur noch nicht klar. Das dachte ich letzte Woche, nach ihrer Probestunde.

Sie kam wieder und ich habe sie beobachtet und mich mit ihr unterhalten. Dank ihrer Offenheit verstehe ich mich mit ihr blendend. Ich bilde mir darauf nichts mehr ein. Nicht mehr seit Frau M. Ich lerne dazu. Ich will als Mann ganz bei mir bleiben. Das heißt, die wirklich unfassbare, grandiose Tiefe der Leidenschaft nur mittels eines Lächelns im Gleichgewicht zu halten. Das habe ich auch ein bisschen von Herrn P. gelernt, meinem Tanzlehrer. Er ist schwul. Ich habe immer gerne so getan, schwul zu sein, das schafft Freiheit und Distanz.

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Freitag, 18. Oktober 2019
Ich habe die Tür abgeschlossen und höre Sensual World - Feeling Wild auf Kopfhörer. Mit den Töchtern habe ich mich gestritten. Mit K. gestern gestritten, dabei ginge es mir einzig um das Wohl des Kindes. Hier geschützt, da der Angriff. Es ist geklärt. Dann ist ja alles klar. Eine Kapsel Oxytocin wäre jetzt fein.

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Dienstag, 15. Oktober 2019
Ich lade das Video von unserer Tanzimprovisation hoch. Ich denke: cool. Mit der Lehrerin, sie ist halb so alt wie ich, laufe ich gemeinsam zur Straßenbahn. Es ist sehr interessant. Ernsthaft. Auch die kleine Gruppe ist toll. Ernsthaft. Ich lerne viel aufgrund des Altersunterschiedes.

Die Bilder, die ich sehe, wenn ich die alten Negative einscanne, zeigen mir ein Bild von mir, das ich längst vergessen habe. Oder verdrängt. Mit dem ich nichts zu tun haben wollte.

Das ist absurd.

Was ich meinem früheren Ich sagen würde? Nüscht. Ich würd's in den Arm nehmen. So unscheinbar, so außerhalb der Reihe, so toll.

Irre, mein Bild von mir habe ich vergessen. Ich lade meine Kameras mit Film. Shoot film, stay broke (der Satz stammt nicht von mir, sondern von Dan Wood).

Die Intimität meiner Bilder erzeugen eine Gänsehaut. Schweigen, mit Kinnlade offen. So muss es sein.

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Samstag, 12. Oktober 2019
Ich scanne meine Negative ein. Alle. Alle, die ich seit 1985 in Kartons lagere, auf dem Dachboden, im Keller, im Zimmer. So bekomme ich gleichzeitig mein Zimmer staubfrei. Ich schwöre auf Swiffer. Als wir im August Freunde in Lübeck besucht haben, erzählen sie uns, wie sie eine Putzfrau gesucht haben und eine Bewerberin Swiffer als Arbeitsmaterial zur Bedingung gemacht hat. Ich sehe meinen Freund an und warte auf die Pointe. Swiffer, sagt er, das ist Plastik und für die Umwelt eine Katastrophe. Naja, sage ich, Swiffer funktioniert halt verdammt gut. Man kann die Dinger mehrmals benutzen und ich verbrauche davon etwa zwei im Monat. Zurück zu den Negativen. Manche von den Bildern habe ich seit dreißig Jahren nicht gesehen. Der Urlaub mit meiner Freundin in Italien. Auf einem Foto von uns beiden, das ich durch eine Schaufensterscheibe in Florenz gegen einen Spiegel aufgenommen habe, schmiegt sie sich in einer entzückendnen Pose an mich. Überhaupt waren wir sowas von entzückend. Aber wir wurden älter und das Leben lag noch vor uns und irgendwann habe ich mich getrennt, ich hatte mich neu verliebt. Wir haben uns entwickelt, verändert, sie war meine erste Freundin und ich wollte natürlich Erfahrungen sammeln und mich ausprobieren. Die Trennung war furchtbar für sie. Als ich ihre Freunde sah, die sie danach hatte, dachte ich, na, siehste, da gibt es doch auch noch was auszuprobieren. Ich muss aber oft daran denken, dass das wirklich eine sehr intensive Beziehung war. Wir waren sehr verliebt und hatten eine tolle Zeit miteinander. Nicht nur zusammen, sondern miteinander und aneinander.
Der Scanner summt vor sich hin.

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Freitag, 4. Oktober 2019
Wo war ich stehen geblieben?

Ich habe drei Bücher in der tollen Buchhandlung in Dresden gekauft. Das zweite lese ich gerade, weil es mir so wärmstens ans Herz gelegt wurde. Wobei, warm, war es gar nicht, eher enthusiastisch. BüchhändlerInnen haben es nicht so mit der Wärme. Ich würde ungerne etwas Schlechtes über dieses wirklich tolle Buch sagen, außer, dass es sehr dick ist, unangenehm riecht und ich jetzt nicht so begeistert von Romanen bin, die in russischen Arbeitslagern spielen. Es ist schlichtweg nicht mein Ding, aber ich weiß es zu schätzen. Und es ist wirklich außerordentlich gut geschrieben, was ja schon mal viel Wert ist.

Kommen wir zur Musik. Ich habe mir abgewöhnt, ständig nur Musik zu hören, zu denen ich mir Choreografien ausdenke. Ich muss mal wieder zurück zu meinen Wurzeln. Verstärker und Verzerrer. Texte. Ich fing wieder mit The Jam an, dann Hüsker Dü, Bob Mould, Sugar. Ich habe mir vorgenommen, ein Lied zu schreiben. Ich habe T. besucht und ein Wochenende lang mich mit Lyrik, Lyrics und Punk-Rock unterhalten, bei Holsten und Bratwurst. Wir werden einen Song schreiben jeder für sich, jeder einen. Ich suche Vorbilder, krame Thees Uhlmann raus, Blumfeld (immerundimmerwieder), Die Sterne. Ich will nichts Neues erfinden, ich will mich nicht selbst finden, ich will tun, was ich tun muss. Ich kaufe ein Moleskine und notiere Sätze. Die Musik ist das geringste Problem. Ich kann einfach nicht texten.

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Dienstag, 27. August 2019
Zurück aus dem Urlaub. Wir sind praktisch einmal im Kreis um die BRD gefahren. Zuviel Fahrerei, zugegeben, dafür schöne Orte und nette Menschen.

Ich habe Schmerzen an beiden Füßen, die Zehengelenke wieder, geschwollen, blau. Ich schreibe meiner Ballettlehrerin, bei der ich die ganze Woche zwei Workshops gebucht habe. Ich kann nicht kommen, schreibe ich, erleichtert, weil ich gar nicht so viel Zeit habe und mir das viel zu viel ist. Aber der Rücken tut mir auch weh, ich bin steif, alles tut weh. Ich beginne, das Ballett zu hassen, je länger die Pause. Zuviel Imitation des Weiblichen, keine Männlichkeit, wie ich sie suche, nur Individuen, keine Gruppe, keine Verbindung. Ich habe keine Lust mehr, in Frauengruppen Freund und Kumpel zu sein. Ich will wieder Mann sein, nicht nur im Spiegel, sondern mich auch so fühlen. Beim Tanzen geht nicht beides. Ich muss für mich einen Weg finden, als was ich dort auftache. Ich merke, dass das Ganze sehr viel mit Schauspiel zu tun hat, geradezu eine Art Kunsthandwerk, die man anbietet, wie eine Dienstleistung. Das ist ein Teil von mir, aber eben nur ein Teil, deswegen finde ich Lob sehr schön, freue mich, dass ich Hingabe und Leidenschaft und Musik so intensiv leben darf. Aber es gibt ja noch ganz andere Wesenszüge in mir. Und ich habe einfach keine Lust, das alles nur im Tanz auszuleben.

Es gab im Urlaub Situationen, in denen ich ganz unfreundlich werden musste (wie gesagt: Grenzen ziehen und so). Ich habe auch schon eine Möglichkeit gefunden, aber davon vielleicht später mehr. Ich habe auch keine Lust mehr aud diesen sportlich-bequemen Kleidungs-Stil, auch im Alltag. Als ich nach Hause komme, räume ich meinen Kleiderschrank aus. Beinahe komplett.

Meine Ballettlehrerin antwortet, mit langen Ausführungen, dass ich Training bräuchte, dass sie mir helfen kann, dass ich die Zehen trainieren muss. Es ist tatsächlich so: Ich darf nicht mehr aufhören, zu trainieren, vor allem die Füße und der Rücken. Der Körper hat sich daran gewöhnt und zahlt es mir hei, wenn ich aufhöre. Ich bin gelaufen, habe Planks gemacht, bringt nichts, ich muss gezielt trainieren.

Nach dem Unterricht zeigt sie mir Übungen. Und tatsächlich: die Schmerzen sind fast weg.

Und die Liebe? Daran habe ich gerade kein so großes Interesse. Eine verständnisvolle Partnerschaft, ganz unromantisch.

Und ich kam im Urlaub endlich mal wieder dazu, zu lesen. In Dresden gab es gegenüber einen Laden mit Kunstbedarf und um die Ecke eine ganz tolle Buchhandlung. Ich kaufte Bücher, Stifte und einen Aquarellkasten. Ein Buch habe ich durchgelesen: Orfeo von Richard Powers. Was für ein Buch! Großartig. Ich fing an, Klassik und Orchesterwerke zu hören, Symphonien, Klavierwerke, wildestes Zeug. Musik und Sprache endlich wieder in ihrer ganzen Größe und Komplexität erlebt. Das Buch öffnet Ohren. Und es handelt von Kunst und Liebe und Leidenschaft und Lebenswege.

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Montag, 5. August 2019
Manchmal ist mir so gar nicht danach. Manchmal ist mir einfach nicht nach der Art. Menschen, die so tun als wüssten sie alles (oft Männer), Menschen, die so tun, als hätten sie alles im Griff (oft Frauen). Und dann sitzen sie bloß da, und verrichten Arbeit, die sie seit Jahren machen und hocken da wie kleiner König Kalle Wirsch und kommunizieren nur noch in diesem humorig-wirschen Ton und manchmal humorig zuckersüß, so aus Spaß. So ganz einfach ruhig und hilfsbereit und normal, das wäre schön. Einfach bloß machen.

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Freitag, 2. August 2019
Weshalb klingt für mich alles nach Abbruch anstatt nach Aufbruch?

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Sonntag, 28. Juli 2019
Mir ist danach, zu verstehen, nicht verstanden zu werden. Eine dystopische Weltsicht macht sich schneller in mir breit als es mir lieb ist, sie erscheint mir klar und wahr. Gehe ich von mir selbst aus, dann versuche ich zu bewahren und festzuhalten, als wenn Biografie nichts mit der Menschheitsgeschichte zu tun hat. Das Gefühl der Fremdheit und nirgendwo dazuzugehören, überhaupt nicht mehr verbunden zu sein, ist real. Das Gefühl, das ich pflege, um weitermachen zu können, ist Freude, nein, gelogen, Spaß. "Ich will wenigstens meinen Spaß dabei haben." Das ist gut, so komme ich wenigstens voran, so fühle ich mich wenigstens lebendig. Ich will nicht jammern und mich über die kleinen Dinge beschweren, ich will mich wieder als Teil von etwas Größerem sehen. Das Gefühl von echter Verbundenheit, von Liebe. Wenn es dann mal zu diesem Gefühl mit einem anderen Menschen kommt, nimmt er plötzlich zu viel Raum ein und ich fühle mich als würde er mich aussaugen, meine Kraft, meine Verletzlichkeit, meinen Optimismus, all das, was mir so wichtig und heilig ist.

Das ist nichts, was ich nach außen zeige. Meine Umgebung wäre erstaunt über meine Gedanken, wahrscheinlich sogar schockiert oder angeekelt. Dabei denke ich immer: die denken doch bestimmt genau so, trauen sich aber bloß nicht, das zu sagen.

Mein Tanzunterricht und die Menschen bestimmen gerade weitgehend mein Sozialleben. Das ist ganz schön und gut und richtig. Das kann ich auch gut in den Alltag übernehmen. Aber zu wirklich intensiven Kontakten, Freundschaft und Liebe, kommt es nicht. Klar, mit K. habe ich "Beziehung" und "Nähe" und "gern haben". Ich rede gerade von etwas anderem.

Natürlich betrachte ich das über die Zeit, denke an ein Früher und ein Heute, vergleiche meine Erlebnisse und versuche die Unterschiede zu erkennen. Das geht gar nicht anders als mit viel Fantasie. Wenn zwei junge Menschen sich heute treffen, dann tun sie das unter ganz anderen Voraussetzungen, die sich äußerlich kaum unterscheiden mögen, aber in ihren Vorstellungen ihrem Weltbild. Es gibt Ähnlichkeiten und Unterschiede. Und die Buch- und Textwiederkäuer, die immer älter werden und denen die Erlebnisse fehlen, kommen zu keinen neuen Erkenntnissen.

Ich bin also mittendrin in den Erlebnissen und kann sie kaum alle schnell genug verarbeiten. Ich will sie nicht einfach reden, um sie handhabbar zu machen, das wäre dumm. Intelligenz braucht Fantasie.

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