Samstag, 12. Oktober 2019
Ich scanne meine Negative ein. Alle. Alle, die ich seit 1985 in Kartons lagere, auf dem Dachboden, im Keller, im Zimmer. So bekomme ich gleichzeitig mein Zimmer staubfrei. Ich schwöre auf Swiffer. Als wir im August Freunde in Lübeck besucht haben, erzählen sie uns, wie sie eine Putzfrau gesucht haben und eine Bewerberin Swiffer als Arbeitsmaterial zur Bedingung gemacht hat. Ich sehe meinen Freund an und warte auf die Pointe. Swiffer, sagt er, das ist Plastik und für die Umwelt eine Katastrophe. Naja, sage ich, Swiffer funktioniert halt verdammt gut. Man kann die Dinger mehrmals benutzen und ich verbrauche davon etwa zwei im Monat. Zurück zu den Negativen. Manche von den Bildern habe ich seit dreißig Jahren nicht gesehen. Der Urlaub mit meiner Freundin in Italien. Auf einem Foto von uns beiden, das ich durch eine Schaufensterscheibe in Florenz gegen einen Spiegel aufgenommen habe, schmiegt sie sich in einer entzückendnen Pose an mich. Überhaupt waren wir sowas von entzückend. Aber wir wurden älter und das Leben lag noch vor uns und irgendwann habe ich mich getrennt, ich hatte mich neu verliebt. Wir haben uns entwickelt, verändert, sie war meine erste Freundin und ich wollte natürlich Erfahrungen sammeln und mich ausprobieren. Die Trennung war furchtbar für sie. Als ich ihre Freunde sah, die sie danach hatte, dachte ich, na, siehste, da gibt es doch auch noch was auszuprobieren. Ich muss aber oft daran denken, dass das wirklich eine sehr intensive Beziehung war. Wir waren sehr verliebt und hatten eine tolle Zeit miteinander. Nicht nur zusammen, sondern miteinander und aneinander.
Der Scanner summt vor sich hin.

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